Der Blog rund um die Wurzelsuche

Nur wer alleine reist, kommt schnell ans Ziel?

Es war ein echter Gänsehaut-Moment: als die Post unserer Klientin mit der Stasi-Akte des Gesuchten bei uns eintraf und beim Öffnen ein Foto aus dem Umschlag rutschte – ein Hochzeitsbild der Klientin. Sie hatte es wohl beigelegt, um das beklemmende Gefühl, das die Stasi-Akte auslöste, zu entschärfen. Zugleich war dieses Foto für uns auch eine Bestätigung, was für eine wichtige Stütze ihr Mann ihr war. Und im weiteren Verlauf der Suche machte er seine Sache sehr gut …

Wieviel Unterstützung brauche ich?

Es gibt Menschen, die gehen den Weg ihrer Herkunftssuche ganz alleine. Sie haben erkannt, was ihnen in ihrem Leben fehlt, sie haben ein klares Ziel vor Augen und entscheiden alleine, welchen Weg sie einschlagen wollen (zum Beispiel die Herkunftsberatung zu beauftragen). Hiervor habe ich allergrößten Respekt!

Lieber ist es mir jedoch, wenn unsere Klientinnen und Klienten außer uns noch jemanden haben, dem sie vertrauen und mit dem sie sich über ihre Suche austauschen können. Denn der Weg, auf den sie sich machen, ist nicht immer der Leichteste. Vielleicht stößt man auf Hindernisse oder kommt an Kurven, bei denen man nicht weiß, was sich hinter ihnen verbirgt. Was, wenn unerfreuliche Wahrheiten aufgedeckt werden oder wenn man bei der lange ersehnten Kontaktanbahnung zunächst auf Ablehnung trifft?

Wenn es zu solchen Situationen kommt, stehen wir unseren Klientinnen und Klienten natürlich zur Seite. Dabei erleben wir immer wieder, wie gut es ihnen tut, wenn sie zusätzlich eine „Reisebegleitung“ dabei haben, die ihnen zusätzlich im Alltag die nötige Sicherheit gibt. Eine Person, die sie stärkt, den Weg weiterzugehen und mit dem, was ihnen begegnet, gut umzugehen. Manchmal kann die Entscheidung, die Suche konkret zu starten, überhaupt erst reifen, wenn man sich von einem nahestehenden Menschen verstanden und unterstützt fühlt.

Wer ist die richtige Reisebegleitung für meine Herkunftssuche?

Das soll nun nicht etwa heißen, dass Sie unbedingt zuerst festlegen müssen, wer Ihre Vertrauensperson sein soll, bevor Sie sich auf die Suche nach Ihren leiblichen Verwandten machen dürfen.

Seien Sie sich einfach bewusst, dass es im Laufe der Herkunftsklärung Momente geben kann, in denen ein Wegbegleiter hilfreich ist: eine verständnisvolle Person, die gut zuhören kann und Ihnen die Sachlage gelegentlich aus einem anderen Blickwinkel zurückspiegelt. Das könnte der Ehepartner, die beste Freundin oder eine Person sein, die selbst Ähnliches erlebt hat.

Vorsicht bei zu vielen guten Ratschlägen

Die Person, die Sie auf Ihrer Reise begleitet, sollte ihre Rolle in einer hingebungsvollen und zurückhaltenden Weise ausfüllen. Denn ein gutgemeinter „Ratschlag“ kann auch ein „Schlag“ sein, zum Beispiel wenn Ihnen empfohlen wird, doch einfach mal bei der gerade gefundenen Mutter vorbeizugehen, um sie zu überraschen. (Wer weiß, in welcher Lage sich die Mutter befindet und ob ihre Familie überhaupt über die Adoption Bescheid weiß?!)

Eine Reisebegleitung, keine Reiseführung

Unter Umständen führt eine Suche nicht nur über verschlungene Pfade, sondern durch ein Labyrinth der Möglichkeiten. Ein geeigneter Reisepartner zeichnet sich dadurch aus, dass er Ihnen die Entscheidung darüber lässt, wann Sie welchen Schritt in welche Richtung machen.

Keine eigenen Interessen

Stellen Sie sich die Frage: Ist die Vertrauensperson Ihrer Wahl auch in der Lage, die Dinge aus einer gewissen Distanz zu betrachten? Oder verbindet sie womöglich eigene Interessen mit der Suche, die Ihren Interessen zuwiderlaufen?

Gerade bei Vatersuchen erleben wir, wie zwiespältig die Rolle der Mütter sein kann. Manche Mütter können sich sehr gut in ihre Kinder hineinversetzen und unterstützen aktiv ihren Wunsch, ihren Erzeuger kennenzulernen und ihre frühe Biographie besser zu verstehen. Da sie oft wertvolle Informationen für die Suche besitzen, werden diese Mütter in mehrfacher Hinsicht zu idealen Wegbegleiterinnen.

Andere Mütter dagegen erweisen sich als unkooperativ. Nicht etwa aus böser Absicht, sondern weil sie selbst noch „zu tief in der Geschichte stecken“. Sie haben negative Erinnerungen, alte Verletzungen und Ängste nicht überwunden. Oder sie spüren Eifersucht, weil der Mann, der sie damals in eine schwierige Situation gebracht hat, jetzt für das eigene Kind so immens wichtig wird. Dann kann es passieren, dass die Mutter ihr Kind zwar vordergründig unterstützt,  letztlich aber die Suche behindert, bewusst oder unbewusst.

Überfordern Sie Ihre Vertrauensperson nicht

Auch Ihre Reisebegleitung hat ein Recht auf Rücksichtnahme. Vielleicht ist Ihr Bedürfnis, über Ihr Erleben und Ihre Gefühle zu sprechen und sich Rückhalt zu holen, phasenweise besonders groß. Achten Sie darauf, wie es Ihrer Vertrauensperson damit geht, damit Sie sie nicht überfordern.

Professionelle Begleitung durch unser Team

In der Herkunftsberatung sprechen wir das Thema „Reisebegleiter“ regelmäßig in unseren Vorgesprächen an, denn wir möchten sicher sein, dass unsere Klientinnen und Klienten alle Unterstützung bekommen, die sie brauchen. Ein Freund, eine Freundin oder der Ehepartner können sehr gute Wegbegleiter sein, solange sie Ihnen beistehen, aber nicht vorangehen wollen.

Als Herkunftsberaterin fühle ich mich am wohlsten, wenn die Reisebegleiter meiner Klientinnen und Klienten fachlich qualifiziert sind: eine Therapeutin, ein Coach, am allerliebsten eine Person, die zudem systemisch arbeitet. In unserem Netzwerk finden Sie geeignete Profis. So muss sich niemand alleine auf die Herkunftssuche machen, der dies nicht ausdrücklich möchte.

Lernen Sie unsere „professionellen ReisebegleiterInnen“ Eszter Fischer, Christina Böhm, Neeharika Christiane Hahn und Kees Wiebering auf unserer Teamseite näher kennen.

 

Bildnachweis: 616714 @Morgan David de Lossy, unsplash.com

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