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DNA Tests – Fluch oder Segen ?

Die DNA aller Menschen ist zu 99,5 Prozent identisch, egal wo jemand lebt und wer die Eltern und Ururureltern sind. Bei 99,5 Prozent bleiben allerdings 0,5 Prozent genetische Differenz. Das sind rund drei Millionen Punkte auf dem Genom. Unternehmen wie „Ancestry“ oder „My Heritage“ untersuchen rund 700.000 Stellen auf der DNA und vergleichen sie mit den Proben von Millionen Menschen in ihren Datenbanken.

Preis – Wert

Ein Test kostet (Stand 2023) nur zwischen 40 und 100 € und kann der „Missing Link“ bei einer aussichtslos erscheinenden Suche nach z.B. dem leiblichen Vater sein. Bei einigen meiner KlientInnen, die zunächst keine Daten Ihres Vaters hatten, war es möglich, damit doch noch zum Ziel zu kommen. Ein DNA-Test kann einen sehr schnell sehr weit voranbringen in der Familienforschung.

Wie ein Überraschungsei

Dabei ist so ein DNA Test – Ergebnis ein bisschen wie ein Überraschungsei: Bei einigen Ü-Eiern erhält man eine bunte Plastikfigur und muss sich nicht weiter um die Fertigstellung des Spielzeuges kümmern. Bei anderen jedoch, ist in dem kleinen gelben Plastikei ein Sammelsurium an Mini-Teilen und man wundert sich beim Zusammenbauen, wie diese Anleitung ein Kind verstehen soll und ob das Projekt jemals fertig wird. Auf den DNA-Test angewendet bedeutet dies, dass man als Ergebnis vielleicht einen Match „Cousin 2. Grades“ erhält und dann einige DNA-Tests von anderen Verwandten hochladen muss, um wenigstens schonmal die Richtung, „über WEN“ man verwandt ist, einzugrenzen. Oft benötigt man zusätzliche Quellenrecherche, um ans Ziel zu kommen. Es ist reine Glückssache, wie aufwändig oder wie leicht eine DNA-Recherche wird.

Vorgehen

Wer sich für die DNA-Recherche entscheidet, sollte zunächst den Test von Ancestry machen, da dies die größte DNA-Datenbank ist. Wenn die Rohdaten dabei heruntergeladen werden, können diese dann kostenlos bei z.B. FTDNA und MyHeritage hochgeladen werden, um die Vergleichsgruppe und damit die Trefferwahrscheinlichkeit zu erhöhen.

Es gibt aber auch Nachteile:

Man muss ein Stück die Kontrolle über seinen Prozess abgeben. Es gibt keinen Puffer. Im „glücklichen“ Fall, dass „gute Matches“ auftauchen (> 200 Centimorgans (cM)), ist man eventuell mit seinen Recherchen schon am Ziel. Jedoch steht man auch plötzlich in Kontakt mit Verwandten, von denen man gar nicht weiß, ob man sie so schnell und so unmittelbar kennenlernen möchte.

Ein weiterer Nachteil wird von einigen im Datenschutz gesehen:

So ging der BigBrotherAward 2019 in der Kategorie Biotechnik an Ancestry mit ihrer Niederlassung in München, weil sie „das Interesse an Familienforschung dazu ausnutzt, Menschen zur Abgabe von Speichelproben zu veranlassen.“ Mit dem Kauf würde laut der Stifter die Einwilligung in das Forschungsprojekt „Ancestry Human Diversity Project“ erteilt, ohne darüber aufzuklären. Zitat: „Wer in das „Ancestry Human Diversity Project“ einmal seine Einwilligung erteilt, gibt die Kontrolle über seine genetischen Daten aus der Hand und hat keinen Einfluss mehr darauf, wer was und wo damit forscht.“ Weiter heißt es“ Der Ancestry-Konkurrent 23andMe habe bspw. mit dem Pharmakonzern GlaxoSmithKline über 300 Mio. US-Dollar einen Kooperationsvertrag zur Nutzung der Daten geschlossen.“ Das Geschäftsmodell dieser Anbieter sei nicht die Ahnenforschung, sondern es ginge darum, Profite aus den Gendaten zu schlagen, mit insbesondere der Pharmaindustrie als Abnehmer.

Weiter heißt es in der Laudatio: „Welche weiteren Begehrlichkeiten die Daten der Firma Ancestry wecken, ist 2018 aus den USA bekannt geworden. Menschen, die dort ihre DNA analysieren ließen, gerieten mitsamt ihren Familien ins Visier der Polizei, etwa weil sie mit dem sogenannten „Golden State-Killer“ auch nur entfernt verwandt sind. Um den Täter zu ermitteln, wurde die gesamte Verwandtschaft von den Ermittlern ausgeforscht. Kein Wort bei Ancestry über die potenzielle Strafverfolgung von biologischen Verwandten. (…) Hier der ganze Artikel.

Andere Kritiker befürchten, dass, wenn die Gendaten personenbezogen gespeichert werden, Verwandte von Personen, die ihre DNA-Daten veröffentlicht haben, in späterer Generationen vielleicht in Krankenversicherungen nicht oder nur mit Risikozuschlag aufgenommen werden, weil es heißen könnte, dass eine genetische Vorbelastung für eine bestimmte Krankheit vorläge.

Die Haltung der Herkunftsberatung zu DNA-Tests

Wir begleiten auf Wunsch die DNA-Recherche und arbeiten dabei international mit erfahrenen Kolleginnen zusammen. Es gibt die ein oder andere Recherche, die wir mangels Daten ohne DNA nicht gelöst bekommen hätten. Die grundsätzliche Haltung der Herkunftsberatung zu DNA-Tests ist jedoch, dass sie bestenfalls als „zweite Wahl“ genutzt werden sollten. Wenn die konservative Quellenrecherche keinen Erfolg mehr verspricht, kann diese zweite Wahl sehr effektiv sein. Wenn man jedoch die Möglichkeit hat, zu entscheiden, welche Informationen man wann erhalten möchte und vor Allem: Wie schnell man mit wem seiner (neuen) Verwandten in Verbindung kommen möchte, bin ich immer dafür, die Steuerung über seinen Prozess der Herkunftsklärung zu behalten.

 

DNA Tests – Fluch oder Segen ?
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