Wenn uns jemand um ein Hilfe bei der Herkunftsklärung bittet, fragen wir zu Beginn unter anderem, warum gerade jetzt gesucht werden soll.
Warum so eine Frage? Geht uns als Dienstleister das was an? Wir meinen ja. Denn erfahrungsgemäß können die Suche und Kontaktanbahnung nur gelingen, wenn der richtige Zeitpunkt gekommen ist. Doch wann ist der Zeitpunkt „richtig“?
Was ich nicht weiß …
Erst einmal müssen die Grundvoraussetzungen für eine Herkunftsklärung gegeben sein. Für manche Menschen bedeutet das, dass sie überhaupt wissen müssen, dass ihre biologischen Wurzeln gekappt wurden. Sie spüren zwar schon als Kinder instinktiv, dass es da Familiengeheimnisse gibt, eine für sie nicht greifbare Störung, doch sie erfahren erst durch Zufälle, viele Jahre später, dass sie adoptiert wurden. Oder es kommen – in der weniger dramatischen Variante – eines Tages neue Informationen ans Licht, die eine Suche erst möglich erscheinen lassen.
Wie kooperativ ist das Umfeld?
Die Frage ist auch, wieviel Unterstützung oder Widerstände die betroffene Person in ihrer Familie oder im Freundeskreis erfährt, wenn sie dann den Wunsch äußert, mehr über ihre biologischen Wurzeln zu erfahren und ihre leiblichen Angehörige kennenzulernen. Womöglich wird die Suche regelrecht sabotiert. Es kann viel Kraft kosten, sich über solche Widerstände hinwegzusetzen, vor allem, wenn man sich durch die Situation ohnehin aus der Bahn geworfen fühlt.
Ein Wettrennen gegen die Zeit?
Ganz nüchtern betrachtet, kann der richtige Zeitpunkt auch davon mit abhängen, wie lang die Geschichte bereits zurückliegt. Wie groß ist die Chance, dass die gesuchte Person überhaupt noch lebt? Dass es noch Zeitzeugen gibt, die sich erinnern? Und ist es nicht vielleicht schon zu spät, weil die Aufbewahrungsfrist für wichtige Akten schon längst abgelaufen ist?
Die innere Bereitschaft: Ich will und ich darf!
Das alles entscheidende Kriterium ist jedoch ein anderes: nämlich die eigene innere Bereitschaft, sich auf den Weg zu machen.
Christina Böhm, Post-Adoption-Beraterin und Ansprechpartnerin für unsere Klientinnen und Klienten, fasst in Worte, was das für Adoptierte (wie sie selbst) bedeutet:
„Wer sucht, macht sich auf den Weg, Antworten zu finden. Wer anfängt zu suchen, geht ein großes Wagnis ein. Wir wissen nicht, was für Antworten am Ende der Suche auf uns warten. Dass es Antworten geben wird, davon geht jede und jeder von uns aus. Wie sie lauten werden, davor haben wir Respekt, manchmal richtig Angst. Vielleicht sind die Erwartungen auch groß, zu groß. Wie gehe ich damit um, dass ich eventuell Antworten höre, die ich nicht hören will? Die mich zweifeln lassen? Oder umgekehrt, die mich vor Freude platzen lassen, weil ich endlich ein Puzzlestück mehr gefunden habe in diesem großen unbekannten Puzzle?
Wir suchen, weil wir es uns wert sind, uns besser kennenzulernen. Wir haben begriffen, dass wir uns finden dürfen. Wir suchen nicht für unsere Adoptiveltern, für unsere leiblichen Eltern, für irgendjemand anderen. Wir suchen, weil wir uns vielleicht zum ersten Mal im Leben laut eingestehen, dass wir es wert sind, suchen zu dürfen und Antworten zu finden. Das ist das Schöne auch am Erwachsenwerden: sich trauen zu dürfen.
Ganz egal, wie die Antworten aussehen werden. Ob sie sich weiß, rot, blau, schwarz oder grell anfühlen werden oder wie immer man es benennen möchte. Es sind Antworten, die mich immer ein Stückchen mehr zu mir selber bringen werden! Ich bin es mir wert, Antworten zu bekommen, so klein und winzig sie auch im ersten Augenblick sein mögen. Suchen heißt, dass ich dabei bin, einen großen, mutigen Schritt zu machen, um auf dem Weg und eventuell am Ende des Suchens Klarheit und Licht ins Dunkel zu bringen.“
Gemeinsam zu Ihrem Ziel
Wir hoffen natürlich, dass es Ihre innere Bereitschaft ist, die Sie den Schritt zur Herkunftsberatung wagen lässt. Sehen Sie es uns bitte nach, wenn wir dennoch viele Fragen stellen, vielleicht mehr, als Sie erwartet haben. Wir möchten Sie, Ihre Geschichte und Ihre Beweggründe wirklich verstehen, um Ihnen genau die Hilfe bieten zu können, die Sie an Ihr Ziel bringt. An ein Ziel, das Sie definieren und niemand sonst.
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